Standortförderung

Ich bin so frei, meine Pflicht zu tun


Und was das alles mit der Frauenquote zu tun hat

Als Vorstandsmitglied der Schweizer Management Gesellschaft, einer Netzwerk- und Weiterbildungsplattform für Führungspersönlichkeiten, war ich dieses Jahr im Organisationskomitee, welches das jährlich stattfindende Forum vorbereitet. Das Thema sollte die Teilnehmenden bereits im Vorfeld der Veranstaltung zum Denken anregen. Also entschieden wir uns für »Freiheit oder Pflichtgefühl«.

Der scheinbare Gegensatz von Freiheit und Pflicht prägt das tägliche Handeln von Verantwortungsträgern. Unternehmer und Manager brauchen einerseits die Freiheit, innovativ und unkonventionell agieren zu dürfen, anderseits sind sie der Effizienz und einer verantwortlichen Unternehmensführung verpflichtet. Dennoch ist es falsch, einen Gegensatz zwischen Freiheit und Pflichtgefühl zu konstruieren, vielmehr sollten wir Freiheit und Pflicht als etwas sehen, was sich gegenseitig bedingt.

Freiheit ist nicht Laisser-faire, sondern sie ist die Grundlage, mitzugestalten und mitzubestimmen, gerade in einer direkten Demokratie wie der Schweiz. Die Bürgerpflichten beschränken sich nicht darauf, Steuern zu bezahlen und sich nicht strafbar zu machen. Gesellschaftliches Engagement ist gefragt. Deshalb nehme ich mir die Freiheit, mit der Müller-Möhl Foundation diese Pflicht zu erfüllen. Die Stiftungsarbeit erlaubt mir, die Zukunft unseres Landes mitzugestalten. Ich ergreife Initiativen dort, wo sich der Staat und die private Wirtschaft zu wenig engagieren. Etwa wenn es darum geht, mehr Führungspositionen mit top ausgebildeten Frauen zu besetzen. Natürlich sind wir in Sachen

gender diversity

schon viel weiter als zu Zeiten, in denen Frauen noch für ihr Stimmrecht kämpfen mussten. Rechtskonservative Frauen argumentierten damals gegen das Frauenstimmrecht mit dem Satz: »Wir wollen nicht die gleichen Rechte wie die Männer, weil wir nicht die gleichen Pflichten wollen.«

In der Zwischenzeit haben Frauen den Beweis angetreten, dass sie Verantwortung übernehmen und die gesellschaftlichen Pflichten mittragen wollen. Entsprechend ärgerlich finde ich, wie sich die Debatte um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nun in der Quotendiskussion festfährt. Gesetzlich festgeschriebene Quoten zu fordern sei einer liberalen Partei unwürdig, war in der

NZZ

zu lesen. Unerwähnt bleibt allerdings, dass unser pluralistischer Bundesstaat sehr wohl Quoten kennt, sonst gäbe es nämlich weder Romands im Bundesrat noch den Ständerat. Ohne Regulierungen und andere staatliche Eingriffe gäbe es weder die eidgenössische Finanzaufsicht noch die Schulpflicht. Die im Moment geführte Diskussion rückt in den Hintergrund, worum es geht: gute Lösungen zu finden, um einen Missstand zu beheben.

Haben Unternehmen eine unbeschränkte Freiheit, ihre Strukturen und Arbeitsbedingungen so einzurichten, wie es ihnen beliebt, oder sollen sie mit einer Quote in die Pflicht genommen werden, wichtige Positionen mit Frauen zu besetzen? Die Frage kann offen bleiben. Aber die oft emotional geführte Quotendebatte ist nicht zielführend, geht es doch darum, möglichst viele Talente in den Unternehmen zu haben. Um dies zu erreichen, muss eine ganzheitliche Strategie, wie wir Familie und Beruf unter einen Hut bekommen können, erarbeitet werden. Solche Lösungen zu finden, das wäre die Aufgabe der gescheiten Köpfe dieses Landes, anstatt lediglich einfach dagegen zu sein. Ganz nach dem Motto »liefere statt lafere«.

Kürzlich stellte sich eine Zeitung die zynische Frage, ob es so sei – wie mehrere Studien aufzeigen –, dass gemischte Teams besser arbeiten, und ob deshalb die Resultate der Unternehmen, in denen ich im Verwaltungsrat mitwirke, erfolgreicher seien. Als Mitglied des Nominationskomitees von Nestlé habe ich mir jedenfalls die Freiheit genommen, die Diversity Agenda weiterzuentwickeln. Nestlé muss sich heute deshalb keine Sorgen machen, sollte die Quote auf Verwaltungsratsstufe eingeführt werden.