Standortförderung

Unser Land ist wie ein grosses Silicon Valley


Interview mit Carolina Müller-Möhl anlässlich der Swiss Economic Award Verleihung 2012, Sonderbeilage NZZ 6. Juni 2012.


Wie beurteilen Sie den unternehmerischen Nachwuch der Schweiz?



Carolina Müller-Möhl:

Die Bildungslandschaft, die internationale Community und generell das mehrheitlich freiheitliche Denken begünstigen zusammen mit den Schweizer Tugenden wie Leistungsbereitschaft, Fleiss, Ausdauer, Präzision und Zuverlässigkeit das Jungunternehmertum. „Entrepreneurial Switzerland“ hat ein Riesenpotenzial, und das Jununternehmertum ist nich nur auf eine Region beschränkt, wir sollten das ganze Land wie ein grosses Silicon Valley verstehen.


In welchen Branchen ist die Schweiz stark und wo gibt es Nachholbedarf?


Wir sehen in allen Branchen herausragende unternehmerische Leistungen – nicht nur im Vorzeigebereich der jungen Hightech- und Biotech-Unternehmen, sondern auch in gesättigten Märkten und traditionellen Branchen. Bislang glaubten wir, im Bereich der Softwareproduktion nicht vorne dabei zu sein – in diesem Jahr haben wir mit Giants Software aber ein Jungunternehmen im Final, das mit Spielsoftware aus der Schweiz in der höchsten Liga mitmischt und weltweit millionenfach Spiele verkauft.


Keine einzige Frau hat es unter die neun FInalisten geschafft. Fehlt es hierzulande den Frauen an Risikofreudigkeit?

Das ist richtig und schade. Aber bei zwei Finalisten sind Frauen im Kernteam dabei. DIe Leistungsträgerinnen in den Unternehmerteams sind ebenso wichtig.


Warum schaffen es Schweizer Start-ups selten, sich wie etwa Logitech als global Player zu etablieren?


Diese Aussage kann ich so nicht bestätigen. Wir sehen alle Jahre Start-ups, die einen Grossteil ihrer Kunden im Ausland finden. Die Schweizer Wirtschaft ist exportorientiert, und unsere Jungunternehmen sind dies noch mehr als der Durchschnitt. Sie besetzen meist Nischen und sind generell eher im Lieferbereich tätig. Somit: Wir haben viele globale Player, die aber häufig nicht unter der eigenen Marke global bekannt sind.


Was kann getan werden, um mehr junge Leute für das Unternehmertum zu motivieren?


Ich sehe die Herausforderung weniger in der Motivation zum Unternehmertum, diese und auch der Ideereichtum scheinen mir gross zu sein. Die Hürden liegen meiner Meinung nach anderswo. Wir müssen vermehrt die unternehmerische Kultur und das gesellschaftliche Verständnis für das Jungunternehmertum fördern. Zudem ist es bei uns schwieriger als im Ausland, an Risikokapital zu kommen. Deshalb investieren wir auch so viel Zeit und Herzblut in den Swiss Economic Award.


Wo kann das Swiss Economic Forum die Jungfirmen noch besser unterstützen?


Neben der Kapitalfindung ist es auch wichtig, dass wir Jungunternehmen auf ihrem Weg nach den ersten Jahren unterstützen können – wie entsteht ein nachhaltig erfolgreiches Unternehmen, wie kann das richtige Wachstum in neuen Märkten und mit neuen Produkten gefördert werden, welche Managment-Unterstützung kann durch externe Erfahrung eingebracht werden. Die wichtige Phase nach dem Markteintritt braucht zusätzliche Aufmerksamkeit. Hier möchte ich gemeinsam mit dem Team des Swiss Economic Forum in Zukunft einen Schwerpunkt setzen.