Bildung

Financial Literacy: Rüstzeug für eine komplexe Welt


Learn Money: Warum sich solide wirtschaftliche und finanzielle Kenntnisse ein Leben lang bezahlt machen.

Der Widerspruch könnte größer kaum sein. Sie sind eine hochinteressante Konsumentengruppe für Unternehmen. Als lukrative Klientel der Werbung sind Kinder und Jugendliche begehrter denn je. Sie können (und sollen) ihren Eltern erklären, warum ein Leben ohne High-End Home Entertainment nicht wirklich „cool“ ist oder weshalb bestimmte Labels, die man vorweisen kann, über den sozialen Status im Klassenverband entscheiden. Gleichzeitig wird der jungen Generation aber offensichtlich kaum zugetraut, elementare ökonomische Vorgänge, beispielsweise beim Konsumverhalten, Umgang mit Geld oder Steuersystem, zu verstehen. Ein Unterrichtsfach, das Wirtschafts- und Finanzthemen altersgerecht vermittelt, sucht man im deutschsprachigen Raum – Ausnahmen bestätigen die Regel – vergebens. In den Lehrplänen gibt es keine Verpflichtung zur Behandlung volkswirtschaftlicher Zusammenhänge. Die Thematik wird bestenfalls gestreift. Oder anders ausgedrückt: Ob bereits Hänschen oder erst Hans Vorstellungen zu ökonomischen Prinzipien entwickelt, hängt von der Initiative von Pädagogen ab. Deren Engagement in allen Ehren. Doch die nötige Verbindlichkeit fehlt. Dabei beweisen es Studien: Kinder sind nicht zu jung, um ökonomische Themen zu verstehen. Die Bildungswissenschaftlerin Meike Wulfmeier bemängelt in diesem Zusammenhang eine „falsch verstandene Kindorientierung“ und fordert, dass Ökonomie zum Kernstoff bereits der Grundschule gehören müsse. Die Professorin an der Universität Bremen, die unter anderem zur ökonomischen Kompetenz Heranwachsender und zur Entwicklung curricularer Ansätze zur ökonomischen Bildung in der Primarstufe forscht, bemängelt, dass die Gesellschaft erwartet, dass die Erwachsenen von morgen in einer immer komplexeren Welt bestehen und mit deren Chancen, aber auch deren Gefahren sicher umgehen. Gleichzeitig werde aber darauf verzichtet, jungen Menschen frühzeitig das Rüstzeug dafür mitzugeben. Ihr Fazit: Wirtschaftsthemen gehören in die Klassenzimmer. Die Diskussion darüber müsse ohne Scheuklappen geführt werden. Dies sagten sich auch mehrere Mitglieder der Young Global Leader (YGL). Diese Auszeichnung des World Economic Forum (WEF) geht an Persönlichkeiten mit herausragenden beruflichen Erfolgen und hohem sozialen Engagement. 2009 gründeten deshalb YGL wie die Fernsehmoderatorin Carola Ferstl, die Unternehmerin Carolina Müller-Möhl, der Unternehmensberater Henrik Naujoks und die Investorin Mirjam Staub-Bisang den Verein „Learn Money“ zur Verbesserung der finanzwirtschaftlichen Kenntnisse von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Neben der Organisation konkreter Schulprojekte vernetzt „Learn Money“ in erster Linie Bildungsinstitutionen, Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft bei Veranstaltungen und Studien, um so die öffentliche Diskussion und die Verankerung von Finanzthemen in Lehrplänen zu forcieren. Es geht aber auch darum, Lobbyarbeit zu betreiben und ein Bewusstsein in der breiten Öffentlichkeit zu schaffen, wie wichtig finanzielle Bildung ist. Denn nicht erst die Finanzkrise habe gezeigt, dass die These „Über Geld spricht man nicht“ grundfalsch sei. Der Verein ist zurzeit in verschiedenen Projekten involviert. „Learn Money“ strebt zum Beispiel eine Art Pisa-Studie über das Wirtschaftswissen von Schülern im deutschsprachigen Europa an. Mit diesen Resultaten hätte der Verein ein weiteres Indiz an der Hand, dass das Wissen in diesem Bereich mangelhaft ist. In Vorbereitung des WEF 2011 hat „Learn Money“ einen eigenen Fragebogen auf seiner Homepage eingestellt, mit dem Schüler ihr Finanzwissen testen können. Wie im vorigen Jahr, als der Friedensnobelpreisträger und Begründer des Mikrofinanz- Gedankens Muhammad Yunus auf Initiative der YGL in der Alpinen Mittelschule in Davos vor Gymnasiasten sprach, gibt es am 27. Januar dort erneut die Chance, mit Unternehmern zu debattieren.