Bildung

Wirtschaft muss ein Schulfach werden


Nachgefragt: Carolina Müller-Möhl, Unternehmerin und Mitinitiantin von „Learn Money“, im Gespräch mit Martin Spieler.



Warum engagieren Sie sich für die Initiative «Learn Money»?

Carolina Müller-Möhl: Jeder vierte Jugendliche ist verschuldet. Das zeigt deutlich, dass die jungen Menschen in unserem Land den Umgang mit Geld nicht lernen. Daher wollen wir Wirtschaft in den Unterricht bringen. Auch die Finanzkrise hat gezeigt, dass es wertvoll ist, wenn sich die Bevölkerung in Sachen Finanzen und Wirtschaft auskennt. Finanzielles Wissen ist ein Grundstein für sozialen Wohlstand und damit für die Demokratie.


Sie haben selber Kinder. Was sollen diese in unserem Schulsystem über Wirtschaft mitbekommen?

Müller-Möhl: Ich möchte, dass sie sich für Wirtschaftsfragen interessieren, dass sie etwa lernen, wie man ein Jahresbudget plant. Die Schüler sollten eine Vorstellung von Steuersystem, Markt, Güter oder Geldströmen entwickeln.


Was würden Sie konkret im Schweizer Schulsystem verändern?

Müller-Möhl: Die Kinder sollen früh Wirtschaftswissen akquirieren, denn die technologische Entwicklung ermöglicht den Kindern schon früh, viel Geld auszugeben. Sie brauchen Wissen, um mit den Verführungen der heutigen Welt umgehen zu können.


Müsste man angesichts der grossen Verschuldung nicht auch die Eltern in die Pflicht nehmen?

Müller-Möhl: Ja, es ist wichtig, dass Eltern ihre Kinder einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld lehren. Das setzt aber voraus, dass sie selbst über diese Bildung verfügen. Dort, wo dies nicht der Fall ist, muss die Schulbildung greifen.


Wie kann man die Verschuldungsproblematik konkret angehen?

Müller-Möhl: Wirtschaft muss ein Schulfach werden. Ich weiss, die Lehrpläne sind schon grenzenlos überfüllt. Aber in dieser hochkomplexen Gesellschaft muss jede und jeder ein Grundverständnis von volkswirtschaftlichen Zusammenhängen haben. Wenn das fehlt, haben wir auch als Gesellschaft ein Problem.


Ist Wirtschaftsbildung ein Thema für Gymnasien und Sekundarschulen oder bereits für Primarschüler?

Müller-Möhl: Es gibt bereits gutes Material für Primarschulkinder. Die Organisation Young Enterprise Switzerland etwa hat Modelle für die Volksschule entwickelt, wo die Kinder beispielsweise lernen, wie der Handel innerhalb einer Gemeinde funktioniert. Oder was unter wirtschaftlichen Aspekten der Unterschied zwischen einem Brötchen vom Bäcker und einem von der Migros ist. Allerspätestens nach der Unterstufe sollte Wirtschaft ein obligatorisches Schulfach werden.


Wie sehen Sie die Rolle der Banken und der Schweizer Wirtschaft?

Müller-Möhl: Banken haben eine grosse Verantwortung, sie sollten in die Wirtschaftsausbildung von jungen Menschen investieren. Da gibt es allerlei Möglichkeiten, dies zu tun. PostFinance etwa hat ein auf Jugendliche zugeschnittenes Anleihenspiel kreiert. Selbstverständlich laden wir alle dazu ein, mit «Learn Money» zusammenzuarbeiten.